Herausgeber vertreten nicht die Rechte der Onliner
11. Oktober 2012 at 9:29 am eminenz 10 Kommentare
Offener Brief an den VÖZ
Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) wird nicht müde, sich als Vertreter der „Jungen“, der „Onliner“, der „Benachteiligten“ zu präsentieren. Als Mitglieder des KV-Verhandlungsteams und der Mediengruppe Online möchten wir diese mythenhafte Darstellung richtig stellen.
Die Österreichischen Herausgeber im Tages- und Wochenzeitungsbereich haben von sich aus die Möglichkeit, die Arbeitssituation ihrer Mitarbeiter im Online-Bereich und ihrer Freien Mitarbeiter zu verbessern – das hätten sie vor Jahren tun können und könnten sie jetzt immer noch machen – dafür allein bräuchte es keinen neuen Kollektivvertrag. Das tut die Mehrheit aber nicht. Es war die bewusste Entscheidung jedes einzelnen VÖZ-Mitgliedes, ihre Online-Ausgaben auszugliedern bzw. neue Firmen zu gründen und schlechtere bzw. billigere KVs anzuwenden. Dadurch wurde und wird ein krasses Ungleichgewicht zwischen Print-Journalisten und Online-Journalisten geschaffen – und darüber hinaus werden die beiden Gruppen auch im Bedarfsfall gegeneinander ausgespielt.
Die Position des VÖZ bzw. der Herausgeber ist nicht glaubwürdig, wenn sie sich als Vertretung jener Mitarbeiter hinstellt, die in den meisten Medien-Unternehmen seit Jahren mit sogenannten Flucht-Kollektivverträgen um ihre Rechte betrogen werden und die durch Lohndumping um ihre Existenzgrundlage kämpfen müssen. Dieser Zustand wird von den Herausgebern ignoriert: Geradezu zynisch wirkt dabei, dass bei betriebsinternen Versuchen die Arbeitssituation von Online-Redakteuren zu verbessern auf die KV-Verhandlungen verwiesen wird und eine Gleichstellung damit aufgeschoben wird – anstatt rasch zu Lösungen zu gelangen.
Österreichische Herausgeber von Print und Onlinemedien im Tages- und Wochenzeitungsbereich entziehen sich damit seit Jahren ihrer Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern. Mit jedem Jahr, in dem die KV-Verhandlungen andauern, sparen sich diese Geld, das nicht eingesetzt wird, um ihre Online-Mitarbeiter mit den Print-Kollegen gleichzustellen. Der lange Verhandlungsprozess nutzt deswegen vor allem den Herausgebern.
Die KV-Kündigung durch den VÖZ verstehen wir als einen weiteren Versuch, Online-Redakteure zu vereinnahmen und gegen Print-Redakteure auszuspielen – und das bei einer Entwicklung der Branche, in der die Arbeitsweise immer mehr verschränkt wird bzw. über sogenannte „integrierte Redaktionen“ nachgedacht wird. Im Zuge dieses Nachdenkens über Zusammenlegungen von Print- und Online-Redaktionen wird unser Verdacht einmal mehr bestätigt, dass der VÖZ durch die Kündigung des Kollektivvertrags nunmehr in allen journalistischen Bereichen versuchen wird, Flucht-Kollektivverträge anzuwenden, die ihren Mitarbeitern tausende von Euro kosten werden. Betroffen sind nicht nur die Online-Journalisten, durch die Kündigung des KV sind alle Journalisten und Neueinsteiger in der Branche betroffen.
Auch über die Branche hinaus würde das Inkrafttreten dieser Aufkündigung eine Grenze überschreiten und fügt der Sozialpartnerschaft schweren Schaden zu. Wir sind deshalb für den neuen KV und für eine starke gewerkschaftliche Vertretung, weil nur so faire Verhandlungen möglich sind und eine arbeitsrechtliche Sicherheit für Journalisten in Österreich geschaffen werden kann. Unabhängiger Journalismus braucht klare, branchenweite, in fairer Sozialpartnerschaft verhandelte und abgesicherte Standards.
Die Entscheidungsträger des VÖZ sollten ihre eigenen Worte ernst nehmen. In einer Aussendung vom 27. September heißt es: „Den untragbaren Status Quo werden wir sicherlich nicht mehr weiter fortschreiben.“ Allein: Dieser Status wurde allein vom VÖZ bzw. den Herausgebern herbeigeführt! Wir fordern die Österreichischen Herausgeber von Print- und Onlinemedien im Tages- und Wochenzeitungsbereich auf, den gordischen Knoten aufzulösen, die Kündigung des KV zurückzuziehen und im Sinne der Aufrechterhaltung eines qualitativen Journalismus weiterzuverhandeln.
Mediengruppe Online
Günter Felbermayer (DiePresse.com)
Marie North (kurier.at)
Berthold Eder (derStandard.at)
Gregor Kucera (wienerzeitung.at)
Gregor Hochrieser (APA-MultiMedia)
Sebastian Krause (kleinezeitung.at)
Rückfragehinweis:
Weiterleiten und unterschreiben!
Leitet diesen offenen Brief an alle Online-Kollegen weiter und unterschreibt die Online-Unterstützungsaktion für die Weiter-Verhandlung eines neuen Kollektivvertrags hier:
http://scripts.oegbverlag.at/gpa/pet_journalisten2012/
NEU: Mediengruppe Online auf Facebook: http://www.facebook.com/MediengruppeOnline
Entry filed under: Forderungen, Kollektivvertrag. Tags: Kollektivvertrag, KV, VÖZ.
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1.
bruckner | 11. Oktober 2012 um 10:50 am
Ich frage mich, ob es beim „alten KV“ nicht um so etwas wie das Schwein der Bewohner der Pazifikinsel Tikopia geht – Joseph Gepp zitiert die Geschichte in seinem Blog (http://geppbloggt.com/2012/10/10/grune-willkommen-in-der-machtpolitik/): „Sie schlachteten all ihre Schweine. Das Schwein war auf Tikopia ein Statussymbol der Reichen, das noch dazu gut schmeckte. Doch die fragile Inselökologie hätte die Schweinehaltung nicht länger ertragen. Die Böden von Tikopia wären erodiert, die Futtermittel zur Neige gegangen, die Inselbewohner früher oder später ausgestorben. Die Entscheidung zur Ausrottung der Schweine muss für sie äußerst schmerzhaft gewesen sein. Doch sie zogen sie durch.“
Ich denke, dass zuerst auf Null gestellt werden muss, um den Anforderungen der neuen Medien gerecht werden zu können. Ist es nicht so, dass die Geschäftsmodelle der Medien prinzipiell einer Veränderung unterliegen – weshalb es, meines Erachtens, nur logisch erscheint, diese veränderten Geschäftsmodelle als Basis für die Verhandlungen betr. neuem KV zu verwenden.
2.
Gerhard | 19. Oktober 2012 um 3:26 pm
??? …. und bitte nicht vergessen, die Welt ist eine Scheibe!
3.
eminenz | 23. Oktober 2012 um 12:28 am
Stimmt: für den VÖZ
4.
bruckner | 23. Oktober 2012 um 11:25 am
„Stimmt: für den VÖZ“ – und nicht für JournalistInnen? Das würde bedeuten, die KVs wären unabhängig von der jeweiligen Marktsituation, oder?
5.
eminenz | 23. Oktober 2012 um 12:54 pm
Die KVs werden durch Tarifverhandlungen an die Wirtschaftssituation angepasst. Wenn es allerdings keinen KV mehr gibt – und das VÖZ will ihn ja per Ende des Jahres kündigen – wird es auch keine Tarifanpassungen mehr geben. Im Übrigen ist noch kein Medienunternehmen in den Abgrund gestürzt, weil den Mitarbeitern zu viel bezahlt wurde.
6.
bruckner | 23. Oktober 2012 um 4:48 pm
Soweit ich die Argumentation vom VÖZ verstanden habe, ist es mit Tarifanpassungen nicht getan, sondern müssen grundsätzliche Änderungen vorgenommen werden. Stichwort „Privilegien“. Und so weit ich das begreife, wäre das eben die Chance mit dem Entgegenkommen bei diesen „Privilegien“ eine vernünftige Ausgangslage für die JungjournalistInnen u. Onliner zu schaffen.
7.
eminenz | 23. Oktober 2012 um 7:20 pm
Wir stellen das nicht in Abrede, dass im alten KV manches niedergeschrieben ist, das heute einfach nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Und: Wenn Online-Redakteure reinkommen müssen Teile des KVs ganz neu geschrieben werden – Arbeitszeitregelungen usw. Darum sind wir für einen neuen KV, der für alle eingesetzt werden kann.
8.
Display name | 5. November 2012 um 4:03 pm
ujtrfuhrt
9.
serg | 6. November 2012 um 10:35 am
good post
10.
Immigration Lawyers in Westminister | 17. April 2013 um 6:05 pm
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