Archive for März, 2009
US-Portal als Sponsor für Qualitätsjournalismus
Ist der Qualitätsjournalismus nun schon eine aussterbende Spezies, die man schützen muss?
Arianna Huffington stellt den investigativen Journalismus jedenfalls unter Schutz: Huffington selbst kritisierte in einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung», dass viele Journalisten es sich zu bequem gemacht hätten: «Wir brauchen aber Redaktionen, die voll sind von aufmerksamen Wachhunden und nicht mit fetten und zufriedenen Schoßhündchen.»
Arianna Huffington, Gründerin der erfolgreichen Netz-Gazette «Huffington Post» legt mit verschiedenen Partnern einen Fonds für investigatives Berichterstatten auf – und will der Medienwelt so gute Texte sponsern.
Die US-amerikanische Online-Zeitung «Huffington Post» investiert in den investigativen Journalismus und unterstützt damit eine der wichtigsten Leistungen der klassischen Printmedien. Das News-Portal legte dafür zusammen mit der Organisation Atlantic Philanthropies und anderen Spendern einen Fonds mit einem Startvolumen 1,32 Millionen Euro auf.
Damit könnten zehn Journalisten finanziert werden, die Beitrage gemeinsam mit freien Mitarbeitern für die «Huffington Post» erstellen sollten, sagte Chefredakteurin Arianna Huffington. Die so entstehenden Artikel können nach ihren Angaben von jeder Publikation oder jeder Website übernommen werden. Am Anfang sollen vor allem Beiträge über die Wirtschaftskrise recherchiert und geschrieben werden.
>>Der ganze Bericht auf netzeitung.de
Und Huffington sagt noch mehr:
„Blogger sind wie Pitbulls“: Die Revolution der neuen Medien führt zur Renaissance des geschriebenen Wortes, behauptet Arianna Huffington
Die schwedischen Klickhuren
Eine ganz neue Lohnpolitik bei einem Online-Portal in Schweden: Bei der schwedischen Internetzeitung „Nyheter24“ entscheidet die Zahl der Leser darüber, wie viel der Autor an einem Artikel verdient.
Ganzer Artikel auf taz.de
„Unser Lohnsystem soll widerspiegeln, wie tüchtig jemand ist. Wie viele tatsächlich an dem interessiert sind, was der Mitarbeiter produziert.“ So verteidigt Patrik Sandberg, verantwortlicher Herausgeber der Internetzeitung Nyheter24, gegenüber der Zeitung des schwedischen Journalistenverbands, sein neues Entlohnungssystem. Das gründet einfach auf der Zahl der User, die auf die Texte der einzelnen JournalistInnen klicken.
Letztendlich entscheiden also die Leser, wie viel ein Mitarbeiter bei Nyheter24 verdient. Neben einem Grundlohn, der – was man offiziell nicht bestätigen will – bei umgerechnet etwa 1.500 Euro liegen soll, ist dieser „erfolgsabhängige“ Lohnanteil für die MitarbeiterInnen als Anreiz gedacht, darüber zu berichten, „was die Leute interessiert“, so Sandberg: „Das ist ein einfaches Lohnsystem und wir sind ein kommerzielles Produkt.“
In Österreich läuft die Entwicklung hoffentlich in die andere Richtung: Hier will die GPA-djp die Online-Journalisten sobald wie möglich in den Journalistenkollektiv holen. Und bei den ersten Sitzungen zu den Kollektivvertrags-Verhandlungen sind erstmals drei Online-Journalisten im beratenden Gremium der GPA.
Solche Bezahlmodelle höhlen nicht nur die Kollektivvertragsrechte der Online-Journalisten aus, sondern führen auch dazu, dass nur mehr die Reichweite zählt und die journalistische Qualität absolut flöten geht.
Das muss man wohl im Auge behalten.
Wie Google News-Redaktionen ausbeutet
Moneten statt Beta: Google will mit seiner jahrelang als Beta-Test präsentierten Nachrichtenseite jetzt richtig Geld verdienen. Mit vielen Nachrichtenagenturen hat der Suchmaschinen-Gigant Verträge abgeschlossen, die Verlage gehen leer aus – obwohl Google News ohne die Arbeit von Zeitungs- und Online-Redaktionen unmöglich wäre.
>>Der ganze Artikel auf SPIEGEL ONLINE
Wer sortiert Google News? Die Redaktionen der anderen
Jede einzelne Agentur für sich hätte bislang kaum mit den etablierten Medienhäusern konkurrieren können, was die Vielfalt der Information angeht – was die Tiefe angeht, ohnehin nicht. Mit Google News als all-umarmender Übermutter aber lässt sich aus dem Rohstoff Agenturmeldung eine ganz passable Häppchensammlung zusammenzimmern. Mehr nicht – Analysen, Kommentare, Hintergründe, die Herstellung von Zusammenhängen werden auch weiterhin andere Redaktionen leisten. Doch der Wert der Ware Nachricht, so sie nicht exklusiv ist, sinkt derzeit rapide. Nachrichten werden zur „Commodity“ – zu einem Verbrauchsgut wie Wasser oder Strom, nicht zuletzt dank der Häppchensammlung Google News.
Die wird dann aber doch, und das ist aus der Sicht von Nachrichtenredaktionen das perfide, mit Hilfe der Redaktionen zusammengestellt und sortiert: Denn die Gewichtung und Reihung der bei Google News angezeigten Nachrichten wird durch einen Algorithmus erledigt, der auf der Auswertung großer Nachrichtenseiten basiert. Was bei vielen ganz oben steht, was bei den Wichtigen oben steht, muss wohl wichtig sein, und landet deshalb auch bei Google News am Seitenanfang. Was, das nur nebenbei, auch dazu führt, dass das wirklich Exklusive, das wirklich Originelle bei Google News kaum eine Chance hat.
Die Agenturen, die das Rohmaterial für die maschinengenerierte Nachrichtenseite liefern, werden nun also entlohnt, über Verträge mit den Suchmaschinisten. Die Redaktionen aber, die aus dem Rohmaterial Nachrichtenangebote machen, die sichten, sortieren, gewichten und einordnen, liefern ihre Arbeitsleistung unfreiwillig und kostenlos ab – redaktionelles Crowdsourcing könnte man das nennen. Sie instruieren den Algorithmus, der ihnen Leser und Anzeigenerlöse stehlen soll, und können sich nicht dagegen wehren.
Doch ohne sie wäre Google News für den Endverbraucher ebenso nutzlos wie das tägliche Chaos eines Agenturtickers.
In welche Richtung wird sich das sogenannte redaktionelle Crowdsourcing entwickeln? Im Endeffekt sind durch die Einbindung von Agenturen in Google News auch Arbeitsplätze in Online-Redaktionen gefährdet, wenn Google News nun Geld verdienen will. Und damit kleine Online-Redaktionen bedrohen könnte. Oder führt das in die andere Richtung? Mehr Eigenproduktionen statt Agenturmaterial…
Seminar: Slideshows als journalistische Form
Äußerst interessant, welche Seminare in Deutschland angeboten werden.
Hier ein „Netz-Fundstück“ der Akademie für Publizistik in Hamburg:
Slideshows als journalistische Form
mit Kai Voigtländer, Akademie für Publizistik
Auf amerikanischen Webseiten sieht man Slideshows schon recht häufig: bewegte Bildstrecken, mit O-Tönen oder Atmo unterlegt. Der amerikanische Fotograf Joe Weiss hat ein einfaches Programm entwickelt, mit dem Journalisten Fotos animieren und mit Tönen unterlegen können: Soundslides. Damit erstellen die Teilnehmer eigene Slideshows und lernen dabei die Grundregeln der Tonbearbeitung. Außerdem analysieren wir Beispiele auf ihr erzählerisches Potential und ihre journalistischen Möglichkeiten hin. Die Teilnehmer lernen, wie sie Schützenfeste, Taubenzüchtertreffen und andere lokal, regional oder global bedeutsame Ereignisse in einer attraktiven und netztauglichen Form neu erzählen können.
Man beachte den von mir hervorgehobenen Satz. Das Seminar zielt auf regionale Plattformen ab. Auch für die großen Verlage werden Zusammenschlüsse von lokalen Medien immer wichtiger. Und damit auch deren Internet-Auftritte. Hier stellt sich die Frage: Werden die Lokal-Redakteure immer mehr zu Online-Journalisten und lernen Sie das Handwerk des Netz-Publishing, der Produktion von Texten und Bildern in internetgerechter Form? Entstehen im Lokaljournalismus die ersten Cross-Media-Journalisten?
Günter Felbermayer für mediengruppeonline.at
Dramatisches Gezwitscher
Der Kurznachrichtendienst Twitter wird immer öfters als Newsfeed „missbraucht“. Oder positiver formuliert: Die deutschen Onlinemedien nehmen Twitter zunehmend ernst. Zum Amoklauf in der Nähe von Stuttgart berichteten die großen Online-Portale fast im Minutentakt.
Ein neues Betätigungsfeld für den Online-Journalismus? Oder nur ein neues technisches Feature, das die Intention dieser Plattform untergräbt…
11. März 2009 at 7:36 pm eminenz Hinterlasse einen Kommentar
Online-Umfrage: Überblick über Österreichs Onlinebranche
Ausgangsposition der Online-Umfrage
Das Wort „Online“ löst in Teilen des Journalismus nach wie vor ambivalente Gefühle aus, Ängste wie auch Hoffnungen. Das Internet bedrohe auf der einen Seite die „alten“ Medien, weil es deren News-Kompetenz übernommen hat, das Inseratengeschäft vereinnahmt und journalistische Kriterien angeblich unterwandert. Auf der anderen Seite befinde sich hier der einzige Wachstumsbereich für Anzeigen, ermögliche Online unmittelbare Interaktion mit den Usern, liege hier die Zukunft.
Für die Gegenwart ist eines mit Sicherheit zu konstatieren: Den meisten, die in Österreich journalistisch im Internet tätig sind, geht es verglichen mit ihren Kolleginnen und Kollegen in den „alten“ Medienhäusern schlechter. Häufig wurden die Online-Redaktionen aus den Stammhäusern ausgegliedert. Deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten – soweit sie überhaupt angestellt sind – vielfach mit Kollektivverträgen der Werbung und Marktkommunikation oder IT. Unter das Journalistengesetz fallen nur die wenigsten. Das sind zumindest die häufigsten Antworten, die man zu hören bekommt, wenn man heute Kollegen und Kolleginnen aus den Onlinebereichen zu ihrem Status Quo befragt. Wie sich deren Situation in Österreich tatsächlich gestaltet, ist unklar.
Für einen Teil der „Onliner“ hat das Medienhaus Wien 2007 eine Umfrage durchgeführt: 250 von 7.000 Journalistinnen und Journalisten des Landes arbeiten ihr zufolge ausschließlich fürs Internet. Statistisch betrachtet sind sie zwar jünger, besser ausgebildet und es finden sich mehr Frauen unter ihnen. Aber sie sind weniger sicher beschäftigt und verdienen weniger als ihre Kollegen in anderen Medien. So verdienstvoll die Studie des Medienhauses Wien war, so hat sie doch nur jene „Onliner“ berücksichtigt, die eine Anbindung an etablierte Medienunternehmen haben und auf die der kollektivvertraglich und gesetzlich festgelegte Begriff „Journalist/Journalistin“ zutrifft. Nicht erreicht wurde die große Gruppe von Personen, die ähnliche Tätigkeiten für Nicht-Medienunternehmen verrichten und dabei nicht selten Presseausweise nutzen. Auch blieben Fragen zu Arbeitszeit, redaktionellen Aufgaben, Fort- und Weiterbildung unberücksichtigt.
Aus diesem Grund haben die Initiative „Mediengruppe Online“ und die GPA-Journalistengewerkschaft Anfang des Jahres eine Online-Umfrage durchgeführt, mit der diese Leerstellen gefüllt werden sollen. Ziel war es, einen Überblick über die österreichische Onlinebranche zu erhalten und die arbeits- und gehaltsrechtliche Situation der „Onliner“ zu dokumentieren. Mit diesem gesicherten und völlig neuen Datenmaterial sollen nun Strategien für künftige KV-Verhandlungen entwickelt werden.
Leider verzögert sich die Auswertung der Umfrageergebnisse zum Thema Online-Journalismus bis Ende Mai. Grund dafür sind derzeit laufende Mobilisierungsmaßnahmen der Belegschaften im Medienbereich (JournalistInnen und ArbeiterInnen in Druckereien), um bestehende arbeitsrechtliche Standards abzusichern.
Die Journalistengewerkschaft in der GPA-djp bittet um Verständnis und bedankt sich gemeinsam mit der Mediengruppe Online für Eure Mithilfe.
Mediengruppe Online
11. März 2009 at 7:22 pm eminenz Hinterlasse einen Kommentar
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