Veranstaltungstipp: „Geliebter Feind“ – Presseverleger und das Internet
“Geliebter Feind” – Presseverleger und das Internet”: Über das geplante Leistungsschutzrecht für Presseverleger und die Zukunft des Journalismus im Netz
am Donnerstag, den 23. Mai 2013, 19:30 Uhr bis 21:00 Uhr (Einlaß: 19:00)
im Raum D, quartier21, QDK, Electric Avenue,
MuseumsQuartier, Museumsplatz 1, A-1070 Wien
Den traditionellen Verlagen brechen mehr und mehr die Erlöse weg – weniger Werbeeinnahmen, sinkende Abonenntenzahlen bei den sogenannten klassischen Medien. Trotzdem wird relativ wenig bis nichts in die wachsenden digitalen Märkte investiert und es gibt noch immer absolut keine Strategie und kein funktionierendes Modell für Bezahlschranken. Darüber hinaus werden internationale englische Märkte mit dem Mini-Medienmarkt in Österreich verglichen. Der Druck wird größer, auch auf jeden einzelnen Online-Journalist. Wie soll man darauf reagieren?
Das Internet hat nicht nur traditionelle Geschäftsmodelle und Medien in Frage gestellt, sondern auch bisherige Zugänge zur demokratischen Partizipation und Teilhabe an gesellschaftlichen Diskursen. Die Verbindung von professionellem Journalismus als “vierter Gewalt” in und Grundlage unserer Demokratie und den Presseverlagen gilt nicht überall mehr als selbstverständlich. Inhalte und Nachrichten zu ordnen, sortieren und zugänglich zu machen, haben auch andere Dienstleister (Aggregatoren) übernommen. “Neue Medien” und “neue Bedürfnisse” schufen “neue Herausforderungen” für den Journalismus im allgemeinen und für Presseverlage im besondern.
Neben zukunftsfähigen Geschäfts- und Finanzierungsmodellen des Journalismus wie durch Bezahlinhalte oder die Reorganisation der Presseförderung (“Haushaltsabgabe”) wird vermehrt über die Ausweitung des urheberrechtlichen Schutzes von journalistischen Inalten debattiert: Presseverleger in Österreich, der Schweiz und in Frankreich wünschen sich ein Leistungsschutzrecht, wie es in Deutschland bereits Gesetz geworden ist, das ihnen ermöglicht, unrechtmäßige Nutzungen effektiv zu verhindern und gleichzeitig neue Einnahmequellen aus Lizenzen zu erschließen.
Eine Podiumsdiskussion über Chancen und Risken, Erwartungen und Befürchtungen infolge eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger, als auch über die Zukunft des Journalismus und seine Finanzierung in der digitalen Informationsgesellschaft.
Die Gäste auf dem Podium sind:
Walter Gröbchen (Journalist, Blogger, Autor und Musikverleger)
Günter Felbermayer (Mediengruppe Online)
Ingrid Brodnig (Journalistin, Redakteurin beim FALTER)
Anton Aschwanden (Public Policy Manager Google Switzerland and Austria)
Moderation: Patrick Dax (Futurezone)
Einen Live-Stream gibt es auf ur21 – Urheberrecht für das 21. Jahrhundert
FAQ: Der neue Kollektivvertrag
Was ist der Unterschied zwischen einem Kollektivvertrag und einem Hausvertrag? Wieso ist es rechtlich überhaupt möglich, dass JournalistInnen im IT-, Gewerbe- oder Werbe-KV gelandet sind? ) Nimmt der neue KV BerufseinsteigerInnen dadurch Geld weg, dass die neuen Einstiegsgehälter niedriger sind als die Tarife im KV alt? Wie viele Jahre aus freien Dienstverhältnissen werden bei einer Anstellung angerechnet?
Das sind nur einige Fragen, die vielen österreichischen Journalisten derzeit auf der Zunge brennen. Denn: Ab Juli soll der neue Journalisten-KV gelten, davor gibt es allerdings noch eine Urabstimmung der Gewerkschaftsmitglieder darüber. Im Fall eines negativen Ausgangs der Abstimmung wird der KV nicht unterschrieben und erlangt keine Gültigkeit. Aber was würde das dann eigentlich bedeuten?
Die Gewerkschaft (GPA-djp) hat jetzt ein FAQ zum neuen KV zusammengetragen – und auch Fragen und Antworten zur Urabstimmung. Darüber hinaus kann der neue Kollektivvertrag heruntergeladen werden.
Bleiben trotzdem noch Fragen? Einfach hier im Forum die Fragen stellen oder ein Mail an info@mediengruppeonline.at.
>>FAQ zum neuen KV (linke Spalte mitte klicken für den Download)
>>FAQ zur Urabstimmung (linke Spalte unten klicken für den Download)
>>Der neue KV im Volltext (linke Spalte oben klicken für den Download)
Übrigens: Die Wähler-Registrierung für die Urabstimmung ist von 15. bis 29. April online auf der GPA-djp-Homepage möglich. Die Urabstimmung findet von 8. bis 22. Mai statt.
9. April 2013 at 1:30 pm eminenz Hinterlasse einen Kommentar
Treffen der Mediengruppe Online: Was bringt mir der neue KV?
Liebe Kollegen und Kolleginnen aus den (Online-)Redaktionen
Kurz vor Ostern sind nach langem Ringen die Verhandlungen für einen neuen Journalisten-KV abgeschlossen worden. Wichtigste Neuerung: Alle Online-Redakteure sind in diesem Kollektivvertrag erfasst und es wird keine „falschen Freien“ mehr geben.
Was wird sich jetzt für uns ändern? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen wollen wir Euch zu einem Treffen der Mediengruppe Online in Kooperation mit Watchdog Journalismus einladen: ein Abend zum Informationsaustausch – und natürlich sollen Vernetzung, Fachsimpeln und Smalltalk nicht zu kurz kommen.
Hauptthema des Abends:
- Wir wollen einige der Inhalte des neuen KV vorstellen und erklären, welche Vorteile der Umstieg aus einem Fremd-KV (Werbungs-KV oder IT-KV) bringen wird
- Was wird sich für jene ändern, die im „alten“ KV sind?
- In ca. einem Monat entscheiden die Gewerkschaftsmitglieder bei einer Urabstimmung über den neuen KV: wie ist das Procedere dafür?
Neben Judith Reitstätter von der GPA-djp sind auch alle „Onliner“, die bei den KV-Verhandlungen im Verhandlungsteam sitzen bzw. im Präsidium der Gewerkschaft engagiert sind anwesend – sie werden sich um eure Fragen kümmern und versuchen, Antworten zu geben.
WANN?
Donnerstag, 11. April ab 19 Uhr
WO?
Im großen Kellerraum der NachBar (Laudongasse)
Die Einladung ergeht per E-Mail an Redakteure und Redakteurinnen von derstandard.at, DiePresse.com, ORF.at, kurier.at, krone.at, news.at, kleine.at, oe24.at, APA Multimedia, wienerzeitung.at und an alle Mitstreiter von Watchdog.
Bitte an Kollegen und Kolleginnen – auch von anderen Medien – weiterleiten.
Die Veranstaltung auf Facebook – bitte hier um eure Zusagen: http://www.facebook.com/events/439206329496709/
Habt ihr Fragen zum neuen KV? Bitte unter diesem Artikel posten, dann können wir uns darauf genau vorbereiten!
Journalisten-KV: VÖZ und Journalistengewerkschaft erzielen Durchbruch
Die nächsten Schritte: Finale Redaktionssitzungen im März, Urabstimmung der Gewerkschaft im April, Unterschrift des KV im Mai, Inkrafttreten am 1. Juli 2013
Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und die Journalistengewerkschaft in der GPA-djp haben sich auf die wesentlichen Eckpunkte eines neuen Kollektivvertrages für Journalisten geeinigt, das gaben sie am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung bekannt. Alle entscheidenden Kapitel, darunter Arbeitszeit, Gehalt, Tarifmodell und Urlaub, konnten außer Streit gestellt werden. Der vorliegende Entwurf stellt aus Sicht beider Verhandlungsparteien einen tragfähigen Kompromiss dar. Zentrales Ergebnis ist ein gemeinsamer Redakteursbegriff, egal ob in Print- oder Online-Redaktionen gearbeitet wird. Eine gemeinsame Tariftabelle bietet faire und marktkonforme Arbeitsbedingungen. Das neue Gehaltschema liegt zwar unter dem derzeit gültigen Gehältern für angestellte JournalistInnen, aber deutlich über anderen Kollektivverträgen, die derzeit vor allem im Online-Bereich angewendet werden.
Der VÖZ-Vorstand hat den Eckpunkten am Donnerstagnachmittag zugestimmt. Doch man ist damit noch nicht am Ende der Reise angelangt, betonen beide Seiten. Die nächsten Schritte sind: In gemeinsamen Redaktionssitzungen werden im Laufe des März die finalen Formulierungen ausgearbeitet. In der Folge wird der Kollektivvertrag den Mitgliedern der Journalistengewerkschaft zur Urabstimmung vorgelegt. Der VÖZ wird unter seinen Mitgliedern zeitnahe eine Erhebung durchführen, um festzustellen, welche zusätzliche Mitarbeiterzahl dem neuen KV unterliegen wird. Ein positives Abstimmungsergebnis vorausgesetzt, wird das Vertragswerk von VÖZ und Gewerkschaft im Mai unterzeichnet. Mit 1. Juli 2013 könnte dann der Journalisten-Kollektivvertag Neu in Kraft treten.
„Dieser Kompromiss ist für einige VÖZ-Mitgliedsmedien in der Anfangsphase mit Kostensteigerungen verbunden. Im Anbetracht des wirtschaftlichen Fahrwassers, in dem sich Printmedien derzeit befinden, war diese Einigung nicht einfach. Es war uns Arbeitgebervertretern jedoch wichtig für alle Mitarbeiter – unabhängig vom Trägermedium für das sie berichten – faire und attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen“, betonte VÖZ-Verhandlungsführer Wolfgang Bergmann. „Sollte dieser Kollektivvertrag mit 1. Juli 2013 in Kraft treten, werden deutlich mehr Arbeitnehmer nach den neuen kollektivvertraglichen Bedingungen für Journalisten angestellt werden.“
Der Vorsitzende der Journalistengewerkschaft, Franz C. Bauer, bezeichnet das Verhandlungsergebnis als Meilenstein: „Unsere jahrelangen Bemühungen, den Kollektivvertrag für möglichst viele KollegInnen, vor allem auch für die Freien MitarbeiterInnen, geltend zu machen, waren erfolgreich. Auch für sie wird damit zukünftig der volle sozialversicherungsrechtliche und arbeitsrechtliche Schutz gelten. Die jetzt vorliegende Einigung bedeutet für alle KollegInnen in den Medienbetrieben ein gewisses Maß der Absicherung, das dringend notwendig ist und das sie selbst vehement eingefordert haben.“
Die Eckpunkte der Einigung zum neuen Journalisten-Kollektivvertrag:
Geltungsbereich: Der neue KV gilt für Tages- und Wochenzeitungen sowie für digitale redaktionelle Angebote (Online, Mobile), wenn sie mit Tages- und Wochenzeitungen vergleichbar sind. Auch vom KV erfasst ist der „technisch-redaktionelle Dienst“ – also Layouter, Grafiker, Bildbearbeiter oder Cutter, soweit sie am redaktionellen Teil mitarbeiten. Für diese gelten aber teilweise andere Regelungen.
Anzahl der Gehälter: Der KV Neu sieht (wie in allen anderen Branchen üblich) 14 statt bisher 15 Gehälter vor. „Alt-Dienstnehmer“ erhalten das bisherige 15. zunächst auf 14 Gehälter umgerechnet. Die Gehälter dieser Gruppe werden aber in den nächsten Jahren im Rahmen der jährlichen KV-Erhöhung durch schrittweise Gegenrechnung langsamer wachsen als die Gehälter neu eintretender Dienstnehmer.
Quinquennien: Die Gehaltssprünge mittels Quinquennien bestehen ab Erreichen der Regelstufe weiter, werden jedoch abgeflacht. Wobei beispielsweise das dritte und das vierte Quinquennium noch immer jeweils Gehaltssteigerungen von acht Prozent vorsehen.
Arbeitszeit: Die Normalarbeitszeit beträgt wie bisher 38 Wochenstunden und ist auf fünf tunlichst zusammenhängende Tage zu verteilen. Arbeiten, die am sechsten Tag erbracht werden, fallen unter die Überstundenregelung (50 Prozent Zuschlag). Sonn-, Feiertagsüberstunden sowie Nachtüberstunden werden mit einem Zuschlag von 100 Prozent vergütet.
Urlaub: In Zukunft ist dieser für alle Journalisten nach Journalistengesetz geregelt, für den technisch-redaktionellen Dienst nach dem Urlaubsgesetz. Für Alt-Dienstnehmer gilt die bisherige Regelung.
Sabbaticals können einvernehmlich vereinbart werden, wobei der vereinbarte KV-Text Mustermodelle mit bis zu einjähriger Dauer ermöglicht.
Die Regeln für die Anstellung freier Dienstnehmer und die Eingliederung von in Konzernen von VÖZ-Mitgliedern tätigen Journalisten ist darüber hinaus klar festgeschrieben.
8. März 2013 at 10:25 am eminenz Hinterlasse einen Kommentar
Über Postings und die Welt
Michael Fleischhacker, Ex-Chefredakteur der „Presse“ und nunmehriger Koluminsit in mehreren österreichischen Tageszeitungen holt in seiner aktuellen Glosse „Über Gott und die Welt“ im „Kurier-Freizeit“ mit wuchtigem Schwung gegen Postings unter Artikeln auf Online-Plattformen aus. Im speziellen spricht er die Postins auf Etat.at an: Er wurde in einem der Postings persönlich angegriffen, holt hier also erst zu einem Gegenangriff auf, inklusive Zitat von Gerd Bacher: „Selbstinfektion mit dem eigenen Schmäh“.
Für Fleischhacker sind also die Postings im Branchenmagazin nichts anderes als eine „offene Digitalpsychiatrie für zu kurz gekommene“ im Medienbetrieb – für ihn sind das „Sozialkrüppel“.
Der Auslöser für diese Kolumne ist im ersten Moment ein persönlicher, allerdings wird hier ein Thema aufgegriffen, dass seit kurzem gleich in mehreren Verlagen besprochen wird: Wie soll man mit den Postings umgehen? Soll zensuriert werden? Oder sollen die Postings ganz entfernt werden, weil sie dem Ruf der Zeitung schaden? Wie derzeit oft zu beobachten wird die Diskussion auch hier von der falschen Seite gestartet: Nicht die Möglichkeiten des Mediums Internet sollen verbessert werden, sondern der Ausgangspunkt ist ein printjournalistischer Ansatz: Wieso muss ich mir meine Geschichte durch das Geifern im Forum zerpflücken lassen? Ein sehr individueller Ansatz, der auch für Online-Redakteure nachvollziehbar ist. Doch die Gefahr ist groß, dass deshalb die falschen Schlüsse gezogen werden.
Ein schwieriges Thema. Denn: Die Möglichkeiten des Mediums Internet sollten – wenn es nach der Ansicht von Online-Experten geht – nicht beschnitten werden. Man kann und sollte die Energie und den Output, der hier entsteht, in geordnete Bahnen lenken. Das Internet lebt von der User-Beteiligung. Wird die Beschränkung zu hoch, entsteht ein digitaler Elfenbeinturm, der in diesem Medium nichts verloren hat. Die Befürchtung ist allerdings groß, dass dieses hochkomplexe Thema ohne den Input von Experten entschieden wird.
Die Zeitungskrise – eine Gejammer-Maschinerie
4. Dezember 2012 at 3:42 pm mediengruppeonline Hinterlasse einen Kommentar
Kein Online-Hauptpreis wegen „prekärer Arbeitsbedingungen“
Elisabeth Steiner, die für den „Standard“ aus und über Kärnten berichtet, erhielt Donnerstagabend den Prälat-Leopold-Ungar-Preis der Caritas, dotiert von Raiffeisen, für herausragende journalistische Leistungen zu sozialen Themen.
Interssanterweise gab es keinen Hauptpreis in der Kategorie Online – und die Begründung dafür macht uns stutzig: Die Jury führt das unter anderen auf die „prekären Arbeitsbedingungen im Onlinejournalismus in Österreich“ zurück. Den Online-Redakteuren fehle es sowohl an Zeit und entsprechendem Einkommen, um sich auf soziale Themen zu konzentrieren, so die Jury.
Wenn man diesen Gedanken weiterspinnt, muss sich diese Argumentation doch wie die sprichwörtliche Katze in den Schwanz beißen, wir übernehmen hier die Argumentation der Kollegen von „dastandard.at“: „Anstatt Online-JournalistInnen zu motivieren, an ihren Themen und an ihrem journalistischen Engagement dranzubleiben, haben Sie sie de facto für ihre prekären Arbeitsbedingungen auch noch bestraft.“
Was also ist die Intention für das Aussetzen des Preises für Onlinejournalisten? Wir wären für eine Antwort dankbar.
Die Kollegen von dastandard.at haben einen Offenen Brief verfasst, der hier wiedergegeben wird.
Wir bedauern, dass in der Kategorie Online kein Hauptpreis vergeben wurde und können kein Verständnis für die Begründung aufbringen
Sehr geehrte Jury,als Sie im Jahr 2010 zum ersten Mal den Prälat-Leopold-Ungar-Preis um die Kategorie „Online“ erweitert haben, war das ein Schritt, den die Redaktion von derStandard.at mit großer Freude begrüßt hat – nicht zuletzt weil Sie damals die kurz zuvor gegründete Redaktion von daStandard.at ausgezeichnet haben.
In diesem Jahr mussten wir mit großem Bedauern feststellen, dass in der Kategorie Online kein Hauptpreis vergeben wurde. Ihre Begründung führte die Jury unter anderem auf die „prekären Arbeitsbedingungen im Onlinejournalismus in Österreich“ zurück. „Den Online-RedakteurInnen fehle es sowohl an Zeit und entsprechendem Einkommen, um sich auf soziale Themen zu konzentrieren“, heißt es.Online-JournalistInnen in ganz Österreich liefern sehr wohl qualitätsvolle Berichterstattung in allen Bereichen – und so auch über soziale Themen – und zwar TROTZ oftmals prekärer und arbeitsrechtlich unsicherer Situation. Das Anstellungsverhältnis kann nicht über die Qualität der Arbeit aussagen. Das widerlegen zahlreiche Journalistenpreise, die an freie Mitarbeiter vergeben werden – auch der Leopold-Ungar-Preis.
Dass die Zeit als entscheidender Faktor für qualitativ hochwertigen Journalismus genannt wird, ist ein sehr konservativer Standpunkt in Sachen neue Produktionsmethoden. Schließlich wird ja auch der Faktor Platzbegrenzung nicht als der Qualität abträgliches Merkmal genannt.
Wenn Sie aber mit ihrer Entscheidung und Begründung auf die prekären Arbeitsbedingungen (die leider Realität in einigen Online-Redaktionen sind) aufmerksam machen wollten, dann ist das eine begrüßenswerte Geste. Die kritische und Besorgnis erregende Situation vieler Jung- und Online-Journalisten breiter zu thematisieren und dagegen anzukämpfen ist, ganz im Sinne des Leopold-Ungar-Preises, ein sozial engagiertes Vorhaben. Doch für diesen Appell, sollte es einer sein, haben Sie leider das falsche Instrument gewählt. Ein Instrument, das sich ad absurdum führt. Denn die von Ihnen offenbar festgestellte mangelnde Qualität im Online-Journalismus wird sich bei prekären Arbeitsbedingungen nicht durch weiteres Verwehren finanzieller Ressourcen plötzlich verbessern. Der richtige Schritt ist also nicht ein Ausschluss aus dem Kreis der Begünstigten – zumal Arbeitsverhältnisse auch nicht in Ihren Vergabekriterien genannt werden. Das ist sogar eine Maßnahme, der für einen Preis für soziales Engagement recht zynisch ist.
Anstatt Online-JournalistInnen zu motivieren, an ihren Themen und an ihrem journalistischen Engagement dranzubleiben, haben Sie sie de facto für ihre prekären Arbeitsbedingungen auch noch bestraft.
Selbstverständlich möchte jedeR für seine Arbeit so gut wie möglich entlohnt werden, aber die mögliche Schlussfolgerung, eine Anstellung sei ein Garant für hochwertige journalistische Arbeit, und umgekehrt, freiberufliche Modelle seien Garant für schlechte Arbeit, trifft auf kreative Arbeitsprozesse so nicht zu. Ohne in die Gegenrichtung pauschalisieren zu wollen, möchten wir darauf hinweisen, dass es manchmal gerade lose, wenig verbindliche, freiberufliche Verhältnisse zu einer Redaktion sind, die ein unvoreingenommenes, unparteiliches und unabhängiges journalistisches Arbeiten ermöglichen.
Die Realität des journalistischen Lebens und Arbeitens hat sich in den letzten Jahren einerseits massiv verschlechtert, nämlich in puncto Entlohnung und Prestige. Andererseits haben JournalistInnen mit den neuen Medien Werkzeuge bekommen, rasch und unbürokratisch Informationen zu verwalten, zu verknüpfen und an die Öffentlichkeit zu bringen. Freilich sollte eine Jury wie die Ihre nicht dem Abbau arbeitsrechtlicher Errungenschaften im Journalismusbereich Vorschub leisten; die Leidtragenden dieses Abbaus auch noch zu bestrafen und inhaltlich zu diskreditieren, kann aber nicht der richtige Weg sein.
daStandard.at-Redaktion
9. November 2012 at 5:20 pm eminenz Hinterlasse einen Kommentar
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